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GESCHICHTE DER CHIRURGIE VON BAUCHWANDBRÜCHEN

 

Mitte des 19. Jahrhunderts war der Chirurg als Therapeut (des Leistenbruches) noch nicht anerkannt und wurde oft erst in einem sehr fortgeschrittenem Stadium der Erkrankung hinzugezogen. Billroth (Abb.1 – Billroth 1858 mit 29 Jahren) schilderte dies sehr anschaulich in einem Brief an seinen Freund Meissner 1852:
“....Eine Schäferfrau hatte eine hernia inguinalis externa [Leistenbruch]; sie hatte wegen der großen Hitze ihr Bruchband abgelegt und am Abend stellten sich Erscheinungen der Einklemmung ein;  ich ließ sofort den Arzt aus der nächsten Stadt holen, machte eine starke Venaesektio [Aderlass], und ließ warme Umschläge machen u. Klystiere geben; am Abend kam der Arzt, ein besoffener Schweinigel. Die Versuche der Reposition waren vergeblich; er ließ die Nacht hindurch Eisumschläge machen; am anderen Morgen war die Sache noch so, die Hernie ließ sich durchaus nicht reponieren. Am Mittag wurde die Reposition im warmen Bade versucht, doch vergebens; Fortwährendes Erbrechen, kein Stuhlgang. Obgleich ich natürlich jetzt schon heftig auf die Operration drang, weigerte sich der Arzt energisch, und arbeitete nun mit Ricinus-Klystieren und Krotonölpillen sowie Blutigel auf die Hernie weiter. Am Morgen des nächsten Tages fand ich die Frau schon sehr collabiert. Ich wartete auf den Arzt, doch der kam trotz wiederholtem Schicken erst gegen Abend um 9 Uhr. Die Frau war sehr entkräftet, der Bauch sehr aufgetrieben, doch schmerzlos, heftige Dispnoe [Atemnot], Puls sehr klein, Extremität kalt, Kotbrechen. – Nun erklärte dieser Kerl, der offenbar mit Willen so spät gekommen war, es sei zu spät, die Operation zu machen. Ich protestierte heftig, und hielt ihm vor, dass es dennoch Pflicht sei die Operation zu versuchen. Endlich erklärte er, er könne sie nicht machen, worauf ich mich sofort dazu anbot. .... Die Reposition gelang vollkommen glücklich. Kurze Zeit nach der Operation schien die Frau sich etwas zu erholen, sie sprach lebhaft, brach nicht mehr, der Puls hob sich. Ich fasste eine leider zu sanguinische Hoffnung, wenngleich die Darmschlinge schon brandig aussah. Nach einer Stunde trat vollständiger collapsus ein, und 5 Stunden nach der Operation starb die Frau. Die Sektion, die ich am anderen Tage machte, gab mir die Überzeugung, dass ich nichts zu dem tödlichen Ende beigetragen hatte, da weder die Darmschlinge verletzt war, noch die epigastrica [Arteria epigastrica inferior] angeschnitten; die ganze Operation war fast ohne Blut gewesen. ... jedenfalls hielt ich es für die Pflicht, die Operation zu machen und bin überzeugt, dass die Frau hätte genesen können, wenn die Operation früher gemacht wäre; doch mir waren die Hände gebunden, da ich nicht wagte mich einem älteren sonst erfahrenen Arzt entgegenzusetzen...“

Auch waren die Operation des Leistenbruches bis 1890 ein riskantes und wenig verlässliches Unterfangen mit einer Sterblichkeitsrate von ca. 3% und einer Rezidivquote nach einem Jahr von 40%, nach 4 Jahren bei 100%. Erst die Methode von Eduardo BASSINI (1844 - 1924) (Abb. 2), die erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben wurde, gilt heute als die erste wirklich erfolgreiche Maßnahme zur Therapie des Leistenbruches. Dabei erkannte dieser italienische Chirurg, dass die bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten therapeutischen Maßnahmen (Auflegen heißer und kalter Wickel, Verschorfung der Leistenregion, Bruchband) nicht zur Ausheilung des Bruches beitrugen. Er entwickelte eine Operationsmethode (die nach ihm benannt über 100 Jahre erfolgreich durchgeführt wurde), bei der die Bruchlücke mittels Nähten verschlossen wurde. Bassini publizierte die ersten Ergebnisse seiner erfolgreichen Operationsmethode 1890.
Ein weiteres Dokument des Skepsis gegenüber chirurgischen Maßnahmen zeigt sich auch in einem weit verbreitetem Medizinbuch „Die Frau als Hausärztin“ von Dr. med. Anna Fischer-Dückelmann - praktische Ärztin aus dem Jahre 1908. Darin werden  Bauchwandbrüche und deren Therapie auszugsweise folgendermaßen beschrieben:

B r u  c h - B e h a n d l u n g.
Vorsichtige Zurückbringung der Bruchmasse durch geschickten Fingerdruck und Erhaltung des normalen Zustandes durch Vermeidung aller Bewegungen, sowie eine Druckkompresse (Fig. 308) ist das erste, was zu tun ist. Dann lasse man ein nicht zu festes Bruchband machen, um bei Tag nicht behindert zu sein, und führe einige Wochen folgende Kur aus, um die Gewebe zu stärken: täglich zwei Unterbauchwaschungen mit 15 0 C. fünf Minuten (Fig. 335), wobei die Bauchdecke kräftig gestrichen werden und die Kälte zusammenziehend wirkt;
Nachts kalter Leibausschlag mit warmer Bedeckung; täglich Streich-, Knet- und Erschütterungsmassage der Bauchdecken, leichte Kost, um Kotansammlungen im Darm zu verhüten und täglich Stuhlgang zu erzielen, und wöchentlich ein Heißluftbad, wobei tüchtige Schweißerzeugung große Erleichterung bringen wird. Auch das leichteste Bruchband drückt und bringt daher die darunter liegende Gewebe zum Schwinden, es muß deshalb nachts stets abgelegt werden, und wenn der Bruch nie mehr herausgetreten ist und monatelang alle Beschwerden fehlten, versuche man es langsam, sich von dem Bruchbande ganz zu befreien, anfänglich stundenweise, dann tagelang, und hüte sich vor Springen, Fassen und Heben schwerer Gegenstände. Es gelingt dann oft, die Bruchpforte zur Verklebung zu bringen, so dass der Bruch überhaupt nicht mehr austreten kann, es sei denn durch gewaltsamen Einriss bei einer heftigen Bewegung. Gewisse gymnastische Übungen, wie: Bein seitwärts und rückwärts schwingen, Rumpfbeugen nach hinten und vorn, Kreuzbeinhebung (liegend), Kniespreizung mit Widerstand (Fig. 297), Bein rückwärts führen mit Widerstand sind vortreffliche Übungen zur Stärkung der Bauchdecke (Fig. 309 und Fig. 310). Für vernachlässigte oder besonders unglückliche Fälle bleibt als äußerstes Mittel noch die Operation. Wie Bruchbänder liegen müssen, zeigt Fig. 311. ...

E i n g e k l e m m t e r B r u c h.

Die Selbsthilfe der Natur bei eingeklemmten Bruch besteht darin, dass die abgestorbenen Teile abfallen, das gesunde Darmende mit der Pforte verwächst und der nun eröffnete Darmschlauch seinen Inhalt durch eine widernatürliche Öffnung am Bauche entleert. Wir haben dann einen „künstlichen After“, der aber die Lebensrettung des Menschen bedeutet. ...


N a b e l b r u c h.

Beim Nabelbruch findet ein ungenügender Verschluß der Bauchdecken statt; als Blase wölbt sich die Bruchstelle vor und enthält die Gefahr des Durchbruches der Darmschlingen. Bei Säuglingen verheilt er oft, wenn man durch besonderen Verband die Nabelfalten einander nähert (siehe Fig. 418 und 419). Wo dies versäumt wurde oder wirkungslos war, dort muß man eine Nabelbinde mit Belotte zum Schutz tragen lassen (siehe Fig. 420 und Fig. 421);  ...


Anfang des 20. Jahrhunderts setzte sich zur Therapie von Leistenbrüchen jedoch zunehmend die Operationstechnik nach Bassini mit sehr guten Ergebnissen durch. Diese Operationstechnik wurde erst Mitte des 20. Jahrhunderts durch eine weitere Nahttechnik nach SHOULDICE weiterentwickelt. Dabei wird anders als bei der Bassini Operation durch eine fortlaufende Nahttechnik eine Verbesserung der Zugkraftbelastung erzielt. Beide Operationstechniken stellten bis zum Beginn der 90er Jahre die einzigen therapeutischen Maßnahmen beim Leistenbruch dar. Durch den Einzug der Laparoskopie zur Gallenblasenentfernung wurde diese Operationstechnik auch zur Therapie des Leistenbruches herangezogen. Ebenso entwickelte sich eine Operationstechnik mit direktem Zugang zum Leistenbereich und Verstärkung der Struktur mittels Kunststoff (Lichtenstein).

Die kunststoffverstärkenden Techniken (laparoskopisch oder durch Leistenzugang) zeichnen sich durch sehr niedrige Rezidivraten von ca. 1% aus und kommen deshalb vermehrt zum Einsatz. Darüber hinaus weist die kunststoffverstärkende Leistenhernienchirurgie eine sehr kurze Rekonvaleszenzzeit auf, wodurch bereits nach 2-3 Wochen eine postoperative Belastung erfolgen kann. Durch Verfeinerung der Techniken und Weiterentwicklung der Kunststoffnetze werden diese Techniken laufend modernisiert. Derzeit werden in Österreich ca. 90% aller Leistenhernienoperationen bereits mit Kunststoffverstärkung durchgeführt, wobei jährlich eine prozentuelle Zunahme dieser Techniken zu erkennen ist.



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